Das Teehäuschen im Wiesenburger Park ist
vermutlich noch eine Idee der von-Watzdorff-Mutter Luise |
Wiesenburger Tiergarten
Die Realisierung seines eigenen Parkes am Wiesenburger Schloss hat
bemerkswerter Weise einige Parallelen zur Entwicklung des, Tiergartens
in Berlin. Er war im 18. Jahrhundert vor den Toren der Stadt als Jagdrevier
des Kurfürsten entstanden und ab 1832 von Peter-Joseph Lenné
zum Landschaftspark umgestaltet worden.
Curt Friedrich Ernst von Watzdorff nahm möglicherweise diese
Idee auf und mit seiner Amtsübernahme begann auch er 1863 den
vorhandenen Tiergarten seines Herrschaftsbereiches zum Landschaftspark
umzugestalten. Allerdings ließ er keinen berühmten Planer
wie Lenné gestalterisch aktiv werden, sondern entwickelte die
Gesamtgestaltung für den Park mit fachlicher Beratung von Förster
Karl Gebbers selbst. Nur für Teilbereiche sind Gärtner oder
andere Planer nachweisbar.
Aber neben diesen Hinweisen bedarf es noch tiefergehender Beweggründe,
das ein 24-jähriger Mann mit der Übernahme der Herrschaft
Wiesenburg am 27. Mai 1863 Schloss und Park umgestaltet bzw. entwickelt.
Denn für die Durchführung solcher Veränderungen bedarf
es mehr als Finanzstärke, vielmehr alle Sinne eines Visionärs,
Ästhetikers und Pflanzenliebhabers.
Curt Friedrich Ernst von Watzdorff verbrachte seine ersten Lebensjahre
am Stammsitz in Wiesenburg. Im Alter von 9 Jahren verstarb sein Vater,
wodurch die Mutter Luise eine noch slärkere Bedeutung als Bezugsperson
gewonnen haben wird. Sie dürfte die musischen Talente ihres Sohnes
stark gefördert haben. Auch war sie im damaligen Tiergarten gärtnerisch
gestalterisch aktiv - beispielsweise stammt das so genannte Teehäuschen
aus ihrer Zeit -und dürfte die gärtnerische Ader Ihres Sohnes
getroffen und befördert haben. Nach der Schulzeit folgte für
ihn ein Jurastudium in Leipzig und Berlin, nach dessen Abschluss er
die Herrschaft in Wiesenburg übernommen hat.
Die waldreiche Gegend seiner Jugend und die vielen Jagdgesellschaften
rührten schließlich zu einem leidenschaftlichen Hang zur
Weidmannslust und zum Forstwesen.
Auf unzähligen Reisen durch ganz Europa konnte er obendrein zahllose
gelungene Parkanlagen kennenlernen und Ideen für seinen eigenen
Park sammeln. Sein Gärtner soll ihn auf einigen Reisen begleitet
haben. England als Ursprung der Landschaftsparkidee, aber auch Frankreich
und Italien, hier vor allem Rom, sind nur eine kleine Auswahl an Zielen,
die Curt Friedrich Ernst von Watzdorff angesteuert hat. Er entwickelte
als Autodidakt den Wiesenburger Park als Gesamtkunstwerk, durchaus
vergleichbar mit Fürst Pückler in Bad Muskau.
Mit dem „Tiergarten" als Vorgänger des Parks war ein
herrliches Jagdrevier vorhanden, was mit gestalterischen Maßnahmen
wie Sichtachsen, Baumgruppen und vor allem botanischen Raritäten
aufgewertet werden konnte. Sein Pflanzeninteresse und die Einfuhr
von seltenen Gehölzen aus England und Belgien führte letztlich
zur Entwicklung der Baumschule Wiesenburg und zu vielen dendrologischen
Besonderheiten, die heute noch zu bestaunen sind.
Ein ganz anderer Beweggrund für seine Gestaltungsaktivitäten
könnte die Liebe gewesen sein. Alten Erzählungen zufolge
soll er den Wiesenburger Park auch für seine große Liebe
angelegt haben, die er aber, da aus dem Königshause stammend,
nie zu sich heim führen konnte. Ob sein Tod am l. Januar 1881
im Alter von 41 Jahren Selbstmord oder Schlusspunkt einer langen,
reichen Krankheitsgeschichte ist, ist ungewiss. |